In Basel gibt es eine wichtige Institution – den Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervision – BCBS). Ziel des Baseler Ausschusses ist die Stärkung der Finanzstabilität durch die weltweite Verbesserung der Regulierung und Beaufsichtigung von international tätigen Banken und ihrer Praktiken.
Nachdem sich 1974 erste Krisen im Bankensystem, wie z.B. die Insolvenz des Bankhauses Herstatt, abzeichneten, tagte der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht 1975 zum ersten Mal. Mit dem Ziel das internationale Bankensystem zu stärken und Wettbewerbsvorteile von Banken aufgrund von Standortfaktoren zu verringern, veröffentlichte der Baseler Ausschuss 1988 die sogenannten Basel Capital Accords (Basel I). Dies markierte den ersten internationalen Versuch, einheitliche Mindestkapitalanforderungen für Banken einzuführen. Daraus ging hervor, dass Banken bis 1992 mindestens 8% der Summe ihrer risikogewichteten Aktiva (RWAs) in liquidem Kapital vorhalten mussten, um ihre Risiken, insbesondere Kreditrisiken, angemessen abzusichern. Diese Vorgaben wurden 1993 im Rahmen der vierten KWG-Novelle in deutsches Recht und später auch in EU-Recht umgesetzt. Basel I legte das Fundament für die folgenden bankaufsichtsrechtlichen Regelwerke und etablierte wesentliche Änderungen in der Regulierung des Bankensektors.
Stärkung der Stabilität des Bankensystems durch ausreichendes Kapital einzelner Banken
Schaffung eines einheitlichen Rahmens, um den internationalen Wettbewerb fairer zu gestalten
Sicherstellung der Verlustabsorptionsfähigkeit, damit Banken auch Krisenteiten ohne staatliche Hilfe überstehen können
Einführung der Risikogewichteten Aktiva (RWAs)
Etablierung von Kapitaldefinitionen und sog. Tiers
Einführung einer Mindestkapitalanforderung von 8 Prozent der RWAs
Im Jahr 1996 wurde die Regelungen zu Basel I ergänzt um die Eigenmittelunterlegung für das Marktrisiko, das heißt dem Risiko von Verlusten aus bilanzwirksamen und außerbilanziellen Positionen aufgrund von Veränderungen der Marktpreise. Für die Messung der Marktrisiken wurden zwei grundlegende Verfahren zur Auswahl eingeführt: aufsichtlich vorgegebene Standardmethoden oder interne Risikomodelle, die erst nach einer Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörde angewendet werden dürfen.
Im Jahr 2004 veröffentlichte der Baseler Ausschuss das erste Update der Basel Capital Accords. Mit Basel II wurde das drei Säulen-Modell der Bankenaufsicht eingeführt, welches Neuerungen im Bereich der Mindestkapitalanforderungen (Säule 1), die Rolle der Aufsichtsbehörden bei der Überprüfung und Einhaltung der Basel-II-Vorgaben (Säule 2) sowie zusätzliche Anforderungen an die Transparenz der Banken in Bezug auf das Risikomanagement (Säule 3) anordnete.
Anforderung, die Hälfte des benötigten Eigenkapitals in Tier 1 Kapital vorzulegen, sowie die Aufteilung in Standard-Ansatz (KSA) und den internen Rating Ansatz (IRBA).
KSA: Risikogewichte für verschiedene Anlageklassen werden von der Aufsicht vorgegeben.
IRBA: Eigene interne Risikomodelle zur Berechnung der Kreditrisiken werden verwendet.
Nationale Aufsichtsbehörden müssen sicherstellen, dass Banken ihre Kapitalanforderungen in Übereinstimmung mit ihrem Risikoprofil berechnen und ihre Risikomodelle ordnungsgemäß entwickeln und implementieren.
Aufsichtsbehörden können Kapitalaufschläge verlangen, wenn eine Bank potenzielle Risiken unterschätzt oder ihr Risikomanagementsystem unzureichend ist.
Basel II verlangt von den Banken, umfassendere Informationen über ihre Kapitalausstattung, Risikomodelle und Risikopositionen offenzulegen.
So können Investor*innen fundierte Entscheidungen treffen und so indirekt Druck auf die Banken ausüben, ihr Risikomanagement zu verbessern.
Eine der zentralen Neuerungen von Basel II bestand darin, dass neben dem Standardansatz für die Berechnung der RWAs im Kreditrisiko nun auch ein interner Ansatz (Internal-Ratings-Based Approach; kurz IRBA) für Banken zur Verfügung stand. Durch die Verwendung von internen Risikomodellen zur Berechnung der Eigenkapitalanforderungen wurde es Banken ermöglicht die eigenen Kreditrisiken deutlich granularer einzuschätzen und entsprechend einzupreisen. Hierzu existieren zwei unterschiedliche Ansätze, die erst nach Genehmigung der zuständigen Aufsichtsbehörden angewendet werden dürfen:
Beim Basis IRBA wird die Ausfallwahrscheinlichkeit (PD) der Kredite mit internen Modellen geschätzt. Alle anderen Parameter, wie zum Beispiel der Verlust bei Ausfall (LGD) werden von den Aufsichtsbehörden vorgegeben.
Beim fortgeschrittenen IRBA wird nicht nur die Ausfallwahrscheinlichkeit (PD), sondern auch weitere Parameter wie der Verlust bei Ausfall (LGD), die Kreditlaufzeit (M) und Kreditbetrag (EAD) mit internen Modellen geschätzt.
Ziel von Basel II war es, die Kapitalanforderungen stärker an die realen Risiken der Banken anzupassen und ein robusteres Risikomanagement zu schaffen. Diese Änderungen machten Basel II deutlich risikosensitiver im Vergleich zu Basel I und erlaubten eine flexiblere Berechnung der RWAs. Zwar wurden dadurch die Regulierungen insgesamt strenger, diese verhinderten jedoch die zunehmende Verschuldung und Unterkapitalisierung der Banken nicht, die insbesondere in der Bankenkrise in 2007/2008 zum Vorschein kamen.
Die globale Finanzkrise im Jahr 2007/2008 offenbarte gravierende Schwachstellen im internationalen Bankensystem und deckte die Unzulänglichkeiten des damals geltenden Basel-II-Rahmenwerks auf. Bereits vor dem Zusammenbruch der Lehman Brothers Bank im September 2008, sowie des US-amerikanischen Immobilienmarktes, wurde deutlich, dass der Bankensektor zu hoch verschuldet war. Diese Verschuldung stand in keinem angemessenen Verhältnis zu den eigenen Kapitalrücklagen. Als Reaktion auf die im Jahr 2007 beginnenden Umbrüche im Bankensektor, veröffentlichte der Baseler Ausschuss die Principles for sound liquidity risk management and supervision. Diese fokussierten sich vor allem auf das inadäquate Liquiditätsmanagement vieler Banken und schlugen zur Lösung 17 grundlegende Prinzipien vor. Die Bankenkrise legte offen, dass Banken nicht über genügend Eigenkapital verfügten, um ohne staatliche Hilfen Krisen überstehen zu können. Die Bankenkrise signalisierte, dass neben der inadäquaten Liquidität, auch die Einführung komplexerer Finanzprodukte in Basel II nicht ausreichend berücksichtigt worden waren. Entsprechend konnte Basel II die Stabilität des Finanzsystems nicht gewährleisten und Reformen zur Prävention weiterer Krisen, sowie zur Stärkung der Bankenresilienz wurden zwingend benötigt.
Basel II erlaubte es Banken, ihre Eigenkapitalanforderungen auf Basis interner Risikomodelle zu berechnen (Internal Ratings-Based Approach, IRBA). Dies führte zu einer erheblichen Variabilität in der Eigenkapitalausstattung, da Banken die Risiken in ihren Portfolios oft zu optimistisch einschätzten.
Unzureichende Berücksichtigung systemischer Risiken: Basel II fokussierte sich auf die Risikoprofile einzelner Banken, ohne das Risiko für das gesamte Finanzsystem ausreichend zu berücksichtigen. Dies führte dazu, dass systemische Risiken – wie die Verknüpfungen zwischen Banken oder die Abhängigkeit von kurzfristiger Liquidität – unterschätzt wurden.
Während Basel II primär auf die Kapitalausstattung der Banken fokussierte, ignorierte es weitgehend die Bedeutung der Liquidität. Die Finanzkrise zeigte jedoch, dass die mangelnde Liquiditätsvorsorge eine zentrale Ursache für den Zusammenbruch vieler Banken war. Banken hatten in großem Umfang kurzfristige Finanzierungen genutzt, um langfristige und illiquide Vermögenswerte zu finanzieren, was in der Krise zu massiven Refinanzierungsproblemen führte.
Basel II versäumte es, angemessene Kapitalanforderungen für Verbriefungsprodukte festzulegen. Besonders problematisch waren die sogenannten Asset-Backed Securities (ABS), wie Subprime-Hypotheken. Diese wurden oft als risikoarm eingestuft, obwohl sie in Wirklichkeit hochriskant waren. Viele Banken hielten nur geringe Kapitalreserven für solche Produkte vor, was sie im Falle von Marktverwerfungen extrem anfällig machte.
Während Basel I und II sich primär auf die Risikobewertung von Portfolien und das entsprechende Eigenkapital fokussierten, rückten mit Basel III im Jahr 2010 überwiegend Liquiditätsrisiken ins Zentrum. Somit wurden diverse neue Messgrößen etabliert, die bei Einhaltung der Basel III Vorgaben dafür sorgen sollten, dass Banken über genügend Liquidität verfügten, um länger andauernde Krisen zu überstehen. Zudem mussten weitere Kapitalpuffer von den Banken vorgewiesen werden. Für global systemrelevante Banken, wie zum Beispiel die Deutsche Bank, galten fortan zusätzliche Vorgaben. Dadurch konnten beispielsweise die Corona- sowie Ukrainekrise besser von Banken bewältigt werden.
Ziel der LCR:
Die LCR soll sicherstellen, dass Banken durch hochliquide Aktiva plötzliche Liquiditätsschocks für mindestens 30 Tage bewältigen können.
Höhere Mindestanforderungen:
Die Mindestanforderungen an das CET1-Kapital wurden von 2% auf 4,5% der RWAs angehoben.
Ziel der Leverage Ratio:
Die Leverage Ratio dient als Schutzmechanismus, um sicherzustellen, dass Banken über ausreichend Eigenkapital verfügen.
Das aufsichtliche Kernkapital einer Bank wird in Beziehung zum Gesamtengagement ohne Risikogewichtung gesetzt.
Kapitalerhaltungspuffer:
Der Kapitalerhaltungspuffer beträgt 2,5 % der RWAs und muss zusätzlich zu den Mindestkapitalanforderungen gehalten werden. Bei Unterschreitungen drohen Beschränkungen für die Gewinnausschüttung und Bonuszahlungen.
Anforderungen:
Banken müssen liquide Aktiva im Wert von mindestens 100 % ihrer potenziellen Netto-Cash-Abflüsse über einen Zeitraum von 30 Tagen vorhalten.
Zu den liquiden Aktiva zählen insbesondere Staatsanleihen und andere hochgradig liquide Wertpapiere.
Bessere Kapitalqualität:
Ein größerer Teil des Kapitals muss seit Basel III aus harten, verlustabsorbierenden Elementen bestehen.
Anforderungen:
Die Leverage Ratio wurde mit einem Mindestwert von 3 % festgelegt. Die 3% müssen in Tier-1-Kapital vorgehalten werden.
Antizyklischer Kapitalpuffer:
So sollen Banken in Boomphasen mehr Kapital aufbauen, um für mögliche Abschwünge gerüstet zu sein. Nationale Aufsichtsbehörden können diesen Puffer in Zeiten exzessiven Kreditwachstums aktivieren. Der antizyklische Puffer kann bis zu 2,5 % der RWAs betragen.
Seit 2021 wurden in der Europäischen Union weitere Reformen an Basel III umgesetzt. Diese Anpassungen, die häufig als Basel IV bezeichnet werden, zielen darauf ab, verbleibende Schwachstellen im bisherigen Regelwerk zu beheben und die Berechnung der RWAs durch striktere Prüfungen der Risikomodelle zu verbessern. Insbesondere sollte durch verstärkte Due Diligence die Abhängigkeit von externen Ratingagenturen reduziert und die Vergleichbarkeit der Eigenkapitalquoten zwischen Banken erhöht werden.
Risiken sollen angemessener gewichtet und Kapitalanforderungen an das tatsächliche Risiko der Banken angepasst werden. Banken sollen angemessener kapitalisiert sein und weniger anfällig für Marktturbulenzen oder wirtschaftliche Schocks werden.
Banken sollen auch bei einer Verwendung des IRBA die Kapitalanforderungen nicht übermäßig senken können, da dies systemische Risiken im Bankensektor erhöht.
Förderung der Transparenz und Vergleichbarkeit zwischen Banken, insbesondere im Hinblick auf die Eigenkapitalanforderungen soll das Vertrauen der Investor*innen und der Aufsichtsbehörden stärken.
Anpassung der Risikogewichte, z.B. bei Hypothekendarlehen und speziellen Finanzierungen wie Projekt- und Immobilienentwicklung
Einführung eines Output-Floors, der sicherstellt, dass die von den Banken ermittelten Kapitalanforderungen, die auf dem IRBA basieren, nicht unter 72,5 % der Kapitalanforderungen fallen, die durch den KSA berechnet werden.
Einschränkung der Anwendbarkeit des IRBA für bestimmte Risikoklassen. Diese betreffen unter anderem Modelle zur Bewertung des operationellen Risikos oder für spezialisierte Finanzierungen.
Die Basel-Verordnungen haben sich seit den ersten Veröffentlichungen im Jahr 1988 stetig weiterentwickelt, um Lücken im Risikomanagement zu schließen und sich den Änderungen in der Finanzbranche anzupassen. Im Laufe der Zeit wurden neben Kreditrisiken auch Marktrisiken, operationelle Risiken und Liquiditätsrisiken mit einbezogen, deren Betrachtung die Stabilität der Finanzbranche gewährleisten soll.